Vergangene Woche gab es hier eine kurze Semesterpause, welche uns gerade recht kam, um endlich ein bisschen das Land zu erkunden. Meine Kommilitonin Lena hat vor 5 Jahren schon mal einen Freiwilligendienst im Norden Südafrikas gemacht, sodass sie dort noch ihre Gastfamilie und viele Freunde hat, welche wir nun besucht haben. Um die Reisezeit zu verkürzen, sind wir von Durban nach Johannesburg geflogen. Dort haben wir die erste Nacht im Hostel verbracht, da die Übernachtung im Dorm mit gratis Flughafenabholung billiger war, als ein Taxi vom Flughafen in die Stadt. Nach einem eintägigen Aufenthalt und einer kleinen Stadtbesichtigung mit Lenas Freundin Makoma sind wir weiter Richtung Norden nach Polokwane gefahren. Dort wurden wir ganz liebenswürdig von Lenas Freunden und Bekannten empfangen. Schlafen konnten wir im Township Seshego bei ihrer ehemaligen Gastomi, genannt Koko (=Oma). Sie hatte Lena früher schon einen Namen auf ihrer Sprache Pedi gegeben und so nannte sie auch mich ab dem ersten Moment „Mulatelo“ (= die Nachfolgerin). Sie war sehr gastfreundlich und kochte typische und leckere Gerichte für uns (Pap, Millie Rice, Mincemeat, Porridge, etc.). Was wir jedoch nicht zu Gesicht bekommen haben sind Mopane-Würmer, obwohl ganz Südafrika das Vorurteil hat, in der Limpopo-Provinz würden sich alle davon ernähren. Nachdem ich diese Würmer gegoogelt hatte, war ich allerdings froh, sie weder gesehen noch gegessen zu haben. Aber zurück zu Koko: sie hat außerdem schon seit Jahren die Angewohnheit, früh um 5 Uhr das Küchenradio so laut aufzudrehen, dass man es im ganzen Haus hört. Trotz dieser kleinen Macken und ihrer ganz eigenen Regeln im Haushalt, habe ich sie schnell lieb gewonnen und war sehr gerne bei ihr zu Gast. Sie hat außerdem einen Mango- und einen Avocadobaum im Garten, von denen leider nur letzterer derzeit Früchte trägt.
Heritage Day bzw. "National Braai Day" - ein Feiertag an dem in ganz Südafrika gegrillt wird.
Lena mit ihrer Freundin Mologadi im Township Seshego.
Am Dienstag besuchten wir die Crèche, in der Lena damals gearbeitet hat und welche sowohl Kinderkrippe, -garten als auch Vorschule ist. Dort sind derzeit 90 Kinder angemeldet, von denen 70 regelmäßig kommen. Die Räumlichkeiten sind leider sehr begrenzt – zwei Räume etwa so groß wie unser Wohnzimmer in Löbau, plus Waschraum und neuerdings ein kleiner Spielplatz im Vorgarten. Die Erzieherinnen haben alle Hände voll zu tun: Die Jüngsten müssen noch gewindelt werden, während die Ältesten vormittags ein wenig Englischunterricht bekommen. Bei so vielen Kindern können sich die Erzieher oft nur durch Schläge Autorität verschaffen, diese werden leider oft auch in unnötigem Ausmaß eingesetzt. Die Kinder wirkten dennoch putzmunter und waren an dem Tag als wir da waren sogar außergewöhnlich brav. Derzeit arbeitet wieder eine deutsche Freiwillige da, der wir den Stress regelrecht ansehen konnten und die sehr froh war, dass sie zur Abwechslung mit uns einen Kaffee trinken gehen konnte.
Am darauffolgenden Tag haben wir einen kleinen Ausflug ins Polokwane Game Reserve unternommen. Ein deutscher Pfarrer, welcher früher in der Region gearbeitet hat und immer noch jährlich für 3 Monate nach SA kommt, hat uns mitgenommen und mit uns den Park im Auto erkundet. Ausgestattet mit Ferngläsern und Fotoapparaten haben wir uns auf die Suche nach Nashörnern, Giraffen, Zebras, Straußen, Warzenschweinen und vielen verschiedenen Antilopenarten gemacht und sind tatsächlich fündig geworden.
Das Besondere an dem Park war, dass man das Auto verlassen darf und zu Fuß näher an die Tiere herangehen kann.
Highlight war ein kleines Giraffenjunges, das bei seiner Mutter gesäugt hat.
Donnerstagnacht und Freitag überspringe ich mal in meinem Bericht, denn da hatte ich mir eine Art Magen-Darm-Virus eingefangen und war sozusagen außer Gefecht gesetzt. Aus diesem Grund mussten wir auch unsere Weiterreise nach Pretoria um einen Tag verschieben. Dennoch hatten wir den ganzen Sonntag um uns diese wunderschöne Stadt anzuschauen. Lenas Freundin Zepo hat uns bei sich aufgenommen und uns den Campus sowie die Stadt gezeigt.
Es überraschte uns, dass es in den Wohnheimen der University of Pretoria immer noch bedarfs- und realitätsferne Quoten gibt: 60% der Wohnheimplätze werden weißen Studenten zugesprochen, während die weiße Bevölkerung in SA nur (noch) 10% ausmacht. Außerdem findet durch das Angebot der Kurse in Afrikaans und Englisch eine weitere Teilung statt. Kurse in Afrikaans werden größtenteils von Weißen besucht, englische Kurse von Schwarzen.
Pretoria wirkt sehr europäisch, sowohl architektonisch als auch von der Atmosphäre her. Die Stadt macht einen sehr geregelten und gepflegten Eindruck, fast ein bisschen steif im Vergleich zu anderen südafrikanischen Städten.
Ein Beispiel: In vielen Städten Südafrikas wurden in den letzten Jahren Straßen, deren Namen noch von Kolonialzeiten stammten, umbenannt - oft nach Persönlichkeiten die in Verbindung zu südafrikanischer Geschichte und Kultur stehen. In Durban findet man deshalb ein wildes Durcheinander von neuen und alten Straßenschildern und nicht einmal die Taxifahrer finden sich zurecht. In Pretoria dagegen sieht das ganze so aus - vorbildlich:
Des Weiteren fährt seit 2010 zwischen Joburg und Pretoria der sogenannte GauTrain, ein höchstmoderner Schnellzug. Wir staunten nicht schlecht, als wir von Zepo aus in weniger als einer Stunde in Joburg am Flughafen waren. Es war recht ungewohnt hier mit dem Zug zu fahren, da die Leute aus Sicherheitsgründen immer vom Zugfahren abraten. Dementsprechend gibt es an den Haltestellen des GauTrain auch Unmengen an Sicherheitspersonal, was wohl auch wiederum zu den erhöhten Preisen führt, sodass sich nicht jeder den Spaß leisten kann.
Vom Flughafen Joburg ging es am Montag also wieder zurück ins wunderschöne Durban, wo bei sommerlichen Temperaturen und weißen Stränden erstrecht Urlaubsgefühle bei uns aufkamen. Am darauffolgenden Tag ging allerdings die Uni wieder los und wir wurden ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: In den nächsten 6 Wochen stehen unzählige Hausarbeiten, Präsentationen etc. an, die uns nicht viel Zeit für anderweitige Aktivitäten lassen werden…