Nach einer stressigen Woche wie dieser weiß man es
doppelt zu schätzen, wenn das Wochenende endlich ansteht. Dieses begann auch
super, da mich mein Chef am Freitagabend „auffordert“ hat, frühzeitig aus einer
Besprechung zu gehen, um noch rechtzeitig zum Fußball mit den anderen Kollegen zu
kommen. Als ich einwendete, ich könnte auch später nachgehen, meinte er das
nenne man „Work-Life-Balance“ – ziemlich gechillt! :) Ich habe es sehr
genossen, mich mal wieder richtig auf dem Fußballfeld auszupowern. Tatsächlich
war meine Power schon nach der Hälfte des Spiels so gut wie weg und ich hab
extrem rumgehechelt, da wir uns ja hier auf 2900 Metern Höhe befinden. Meine
Lunge habe ich noch den ganzen Abend gespürt.
Nach diesem tollen Start, war der Rest des Wochenendes
eher durch-wachsen. Am Samstag habe ich Diegos Cousin Marco kennengelernt, der
früher Ähnliches durch-gemacht hat wie Diego und ich jetzt, bzw. eigentlich noch Schlimmeres, da seine Mutter damals seine Freundin/ Frau nicht akzeptierte, und es bis heute nicht richtig tut. Wir haben zusammen mit ihm auf dem Markt
mittaggegessen und es lag ihm sehr am Herzen, uns ein paar Ratschläge zu geben,
damit wir nicht die gleichen „Fehler“ machen wie er damals. Das Gespräch kam
überraschend für mich, aber war sehr hilfreich, um mir ein bisschen mehr
Klarheit darüber zu verschaffen, was hier eigentlich das Problem ist. Es
scheint ganz einfach Eifersucht von Diegos Mutter mir gegenüber zu sein, da ich
ihren Sohn so oft in Anspruch nehme. Sein Vater scheint dabei wohl eher
zwischen den Stühlen zu sitzen, muss sich aber dem sturen Standpunkt seiner
Frau anschließen. Die Familie stünde in Ecuador wohl immer an erster Stelle und
dem sollte Diego gerecht werden, indem er möglichst viel Zeit mit seinen Eltern
verbringt und ihnen durch kleine Aufmerksamkeiten immer wieder zeigt, wie sehr
er sie lieb hat. Ich sollte versuchen, dies zu verstehen, ihn dabei
unterstützen und außerdem immer wieder auf die Eltern zugehen, damit sie mich
besser kennenlernen.
Wie angekündigt habe ich Diegos Eltern ja am Samstag zum
Kaffee eingeladen, um das Eis langsam mal zu brechen. Ein bisschen ungünstig
fand ich, dass sie erst 19:15 Uhr antanzten und dann auch gleich mit der ganzen
Familie, sprich Diegos Schwester und zwei kleinen Cousins. Das wurde zwar kurz
vorher angekündigt und war im Grunde kein Problem, aber dennoch nicht die
Idealsituation, um mich intensiv nur mit den Eltern unterhalten zu können.
Nichtdestotrotz schätzen Diego und ich, dass es ganz gut gelaufen ist. Nett
war, dass sie mir einen riesigen Obstkorb mit vielen unbekannten Früchten
mitgebracht haben. Anschließend haben wir sogar noch die „Erlaubnis“ bekommen,
mit meinem Kollegen Daniel und seiner Freundin ein Bierchen trinken zu gehen
und zwei Stunden später nach Hause zu kommen. Ich schlief anschließend bei
Diego zuhause, damit er mich heute Morgen nicht wieder in Quito abholen musste,
natürlich – ganz nach ecuadorianischen Regeln – in streng getrennten Zimmern. Der
Tag begann zwar mit netten Gesprächen zwischen Diegos Mutter und mir, endete
aber – nach einem Wolkenbruch, einer Kellerüberschwemmung und einer dementsprechend
genervten Familie – damit, dass Diegos Mutter mir direkt ins Gesicht gesagt
hat, dass ich Diego in Zukunft nicht zu spät nachhause „schicken“ soll, wenn
ich ein gutes Verhältnis zu seiner Familie beibehalten möchte. Da dies ziemlich
überraschend kam, war ich leider nicht gut vorbereitet, um ihr meine Meinung zu
verklickern, aber ich habe ihr zumindest gesagt, dass sie doch bitte berücksichtigen
sollte, dass ich hier derzeit noch ziemlich alleine bin und ihn deshalb brauche;
sowie dass ich denke, dass Diego selber entscheiden sollte und ich ihn
nirgendwo hinschicken werde. Mist, mir fallen grad noch so viele Dinge ein, die
ich ihr hätte sagen wollen. Aber das war mit Sicherheit nicht das letzte
Gespräch (denn egal, was wir machen, es wird ihr nicht passen) und das nächste
Mal habe ich die passenden Worte parat! ;)
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